Was sich hier anhört wie eine Binsenweisheit, kann allerdings weitreichende Folgen haben. Und es lohnt sich, dieses simple Prinzip bei uns Menschen aufzuspüren.
Die Sexualwissenschaftler Erick Janssen und John Bancroft beschreiben, wie positive und negative Reize das sexuelle Verhalten von Menschen steuern. Demnach führen Lernerfahrungen dazu, dass das zentrale Nervensystem (ZNS) so etwas wie ein »Gaspedal« für sexuelles Verhalten entwickelt. Das bedeutet, dass dort durch Lernen gewisse Vorlieben entstehen, welche Reize und Impulse im Körper eine sexuelle Erregung fördern. Andere Lernerfahrungen führen zu einem »Bremspedal« im ZNS, wo gelernt wird, welche Reize sexuelle Erregung eher hemmen.
Beispielsweise lernen die meisten Menschen eine sexuelle Erregung beim Betrachten nackter Körper zu spüren. Dieser Reiz kann jedoch überlagert werden, wenn wir beispielsweise gelernt haben, dass die Umgebung einer Sauna nicht zu den Orten gehört, an denen wir sexuell erregt sein sollten.
Dieses Beispiel zeigt auch, dass das sexuelle Bremspedal nicht zwingend mit unangenehmen Gefühlen einhergehen muss, sondern dass lediglich keine sexuelle Erregung wahrgenommen wird. In einer Sauna fühlen wir uns in der Regel nicht schlechter, nur weil unser Bremspedal eine Erregung verhindert.
Wenn Partner in einer Beziehung über längere Zeit keine sexuelle Erregung verspüren, so haben sie manchmal den Eindruck, dass »der Sex sich einfach verabschiedet hat«. Jedoch ist es denkbar, dass irgendetwas einfach auf dem sexuellen Bremspedal steht - ohne dass die beiden das wissen. Vielleicht wären sie grundsätzlich sehr erregbar und lustvoll, jedoch haben sich in ihrem Alltag Strukturen etabliert, die die sexuelle Erregung eher hemmen.
In solchen Situationen kann es wichtig sein, ernst zu nehmen, dass die Banalität vom Anfang dieses Blogabschnitts eine große Wirkung hat: Es kann helfen, sich zu fragen, welche Erfahrungen man schon mit dem eigenen sexuellen Gaspedal gemacht hat - und auch, was vielleicht immer wieder die Bremse bedient.