In seiner Rede zur Einbringung des Etat-Entwurfs in den Nürnberger Stadtrat hat Kämmerer Thorsten Brehm Hoffnungen auf die dringend nötige Erhöhung von Zuschüssen für Träger sozialer Arbeit zunichtegemacht – abgesehen von einer Steigerung, die wachsende Personalkosten auffangen soll. Genau das stößt nun auf massive Kritik bei den betroffenen Sozial-Organisationen. „Bei allem Verständnis für die finanzielle Lage der Stadt: Der geplante Personalaufschlag von zwei Prozent fängt nicht einmal die tatsächlichen Tarifsteigerungen auf. Von allen anderen Steigerungen bei den Sachkosten gar nicht erst zu reden“, kritisiert Kai Stähler, Vorstandsvorsitzender der Stadtmission Nürnberg. Damit nicht genug: „Dass die Gelder bei der Flüchtlingsberatung sogar noch um ein Drittel gekürzt werden sollen, ist für uns absolut nicht nachvollziehbar“, ergänzt Michael Schobelt, Vorstandsvorsitzender der Awo Nürnberg.
Wohlfahrtsorganisationen übernehmen kommunale Pflichtaufgaben
Awo, BRK, Caritas, Paritäter und Stadtmission dringen schon seit Jahren bei der Stadt Nürnberg und beim Stadtrat, der beim Haushalt das letzte Wort hat, auf kostendeckende Zuschüsse. Schließlich übernehmen die Wohlfahrtsverbände und -organisationen Aufgaben im Auftrag der Stadt, die eigentlich Pflichtaufgaben der Kommune sind: zum Beispiel Angebote rund um das Thema Obdachlosenhilfe (z. B. Ökumenische Wärmestube), Angebote zur Erziehungsberatung oder zur Förderung junger Menschen aus benachteiligten Familien.
Zudem kümmern sich die Wohlfahrtsverbände um Menschen mit Suchtproblemen, psychischen Erkrankungen oder leisten unverzichtbare Arbeit auf den Themenfeldern Migration und Integration. Doch derzeit müssen die Sozial-Organisationen bei den Angeboten, die sie für die Kommune übernehmen, die Finanzierungslücken sogar mit Eigenmitteln schließen. Dazu sind sie in Zukunft nicht mehr in der Lage. „Selbst bei den Angeboten der Träger, die eigentlich Pflichtaufgaben der Stadt sind, ist die Finanzierung nicht ausreichend“, sagt Caritas-Direktor Michael Schwarz.
„Wir tragen maßgeblich zum sozialen Frieden bei“
Die Wohlfahrtsverbände und -organisationen weisen darauf hin, welch bedeutende Rolle ihre Arbeit für die Stadtgesellschaft spielt. Sie sind nicht nur Arbeitgeber von mehreren Tausend Mitarbeitenden, sondern kümmern sich gemeinsam um Zehntausende Menschen im Jahr. Sie fordern daher, dass soziale Einrichtungen genauso als Teil der Stadtentwicklung gesehen werden wie Investitionen in Straßen, Schulen, Sport oder Kultur. „Wir tragen maßgeblich zum sozialen Frieden bei“, betont Johannes Bischof, designierter Geschäftsführer des Paritätischen Bezirksverbandes Mittelfranken. „Wir wollen keine Bittsteller sein, sondern wünschen uns, dass die Bedeutung unserer Arbeit endlich gesehen wird“, fährt Schobelt fort (Awo).
Stilles Sterben sozialer Einrichtungen
Die Konsequenz aus zu knappen Mitteln ist bundesweit zu spüren. Soziale Angebote werden eingeschränkt oder ganz geschlossen. Eine Umfrage der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege hat ergeben (2024): Knapp zwei Drittel der Einrichtungen und Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege mussten aufgrund finanzieller Schwierigkeiten in den vergangenen beiden Jahren ihre Angebote einschränken oder ganz aufgeben. Fast 15 Prozent mussten Angebote und Leistungen gänzlich einstellen. Es ist ein stilles Sterben sozialer Einrichtungen.
„Eine solche Entwicklung wollen wir für Nürnberg vermeiden, sind dafür aber auf eine deutlich größere finanzielle Unterstützung angewiesen“, sagt Brigitte Lischka, Geschäftsführerin des BRK-Kreisverbandes Nürnberg-Stadt. „Wir wünschen uns, dass Stadt und Stadträte klare Prioritäten setzen und eine für alle Beteiligten tragfähige, sozialpolitische Gesamtstrategie entwickeln. Wir sind gesprächsbereit und setzen uns sehr gerne mit den Fraktionen an einen Tisch“, schließt Kai Stähler, Vorstandsvorsitzender der Stadtmission Nürnberg.



