Vom »Altenclub für Trümmerfrauen« zum Digitalcafé für Senioren*innen:
Die Stadtmission Nürnberg blickt dieser Tage auf 60 Jahre Offene Altenarbeit zurück. Eine bewegte Geschichte, in der sich vieles verändert hat. Gleich geblieben sind die Ziele: ältere Menschen zusammenbringen, sie beraten und dabei unterstützen, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Ein Erfolgsmodell, wie die Jubiläumsfeier mit vielen Ehrenamtlichen im verdeutlichte.
»Die Forschung zeigt: Es sind nicht unbedingt gute Cholesterinwerte, die sich positiv auf die Lebenserwartung auswirken, sondern funktionierende soziale Netzwerke«, hob Anja-Maria Käßer hervor, Leiterin des Seniorenamts Nürnberg. Sie würdigte das Engagement der ehrenamtlichen Helfer*innen in der Offenen Altenarbeit, die ihre Freizeit opfern, um Kurse zu leiten, Angehörige demenzkranker Menschen zu unterstützen oder täglich Suppe in Seniorentreffs zu befördern. »Sie halten diese Gemeinschaft zusammen. Dafür dankt Ihnen die Stadt Nürnberg ganz besonders.«
Hoffnung spenden, wenn Hoffnungslosigkeit droht
964 startete die Offene Altenarbeit der Stadtmission Nürnberg, damals mit einem Altenclub für Kriegswitwen und ersten Kursen zur ambulanten Haus- und Krankenpflege.
Hilfe zur Selbsthilfe lautete das Ziel, eine Form frühen »Empowerings«.
Es folgten Reisen und Studienfahrten speziell für Senioren*innen, Ende der Neunziger Jahre Computerkurse. »Wir hatten damals zwei freie PC-Plätze und wussten nicht, ob der Kurs angenommen wird«, erinnert sich Thomas Staudigl, Einrichtungsleiter des Seniorenzentrums am Tiergärtnertor, wo heute das Herz der Offenen Altenarbeit schlägt. Am Ende waren es 150 Anmeldungen, die den Briefkasten fluteten.
Erfolgsgeschichten wie diese schreibt die Stadtmission Nürnberg in 60 Jahren viele. Unter ihren Dächern entsteht das erste Internetcafé für Senioren*innen in der Frankenmetropole, 2012 wird das Seniorennetzwerk in St. Johannis integriert. In Ziegelstein und Buchenbühl entstehen neue Netzwerke. Gemeinsam mit Mitarbeitenden des Seniorenzentrums am Tiergärtnertor verfassen engagierte Bürger*innen sogar ein liebevoll gestaltetes Heftchen mit humorvollen Anekdoten aus dem Umgang mit Demenzerkrankten. Denn auch das ist Offene Altenarbeit: Hoffnung spenden, wenn Hoffnungslosigkeit droht.
Auch so manche Herausforderung muss die Offene Altenarbeit in Nürnberg meistern: 2017 kommt es zu Mittelkürzungen durch die Landeskirche, im Jahr 2020 müssen nahezu alle Gruppenveranstaltungen coronabedingt abgesagt werden.
»Damals hat sich erneut gezeigt, wie wichtig es auch für ältere Menschen ist, mit Tablet und Smartphone umzugehen, um Kontakte trotz Kontaktverbot zu halten« erinnert sich Thomas Staudigl.
Eine der ersten Besucherinnen derfrüheren PC-Kurse, die im Rollstuhl an der Feier teilnimmt, zeigt sich heute noch dankbar: »Durch die PC-Kurse des Seniorenzentrums bin ich auch jetzt in der Lage, am Leben teilzunehmen!«
»Echte Ehrenfrauen und -männer«
Viele der gut 20 Ehrenamtlichen im Saal nicken zustimmend. Fünf von ihnen werden bei der Jubiläumsfeier geehrt, für fünf und zehn Jahre – so lange machen sie mit ihrem Einsatz die Stadt für ältere Menschen bereits lebenswerter. »Sie entlasten, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Sie sind echte Ehrenfrauen und -männer«, sagt Tabea Bozada, Leiterin der Stabsstelle Diakonie im Dekanat und bei der Stadtmission zuständig für die Ehrenamtlichen, bevor Thomas Staudigl optimistisch schließt: »Auf die nächsten 60 Jahre Offene Altenarbeit in Nürnberg!«