20 Jahre Ambulante Erzieherische Hilfen: Lob ist auch für Eltern wichtig

Die Ambulanten Erzieherischen Hilfen der Stadtmission Nürnberg feiern in diesem Jahr ihr 20. Jubiläum. Die sozialpädagogische Familienhilfe habe sich verändert, berichtet Einrichtungsleiterin Renate Daum. Sie beinhalte zunehmend Integrationsarbeit.

NÜRNBERG.    Als Anyana* 2014 mit ihrem Mann und ihrem vierjährigen Sohn nach Deutschland kam, meldete sie sich sofort für einen Deutschkurs an. Ihre Schwiegermutter lebte da schon seit über 20 Jahren in Nürnberg. Weil sie aus Altersgründen zunehmend Hilfe benötigte, entschied die dreiköpfige Familie, die rumänische Heimat zu verlassen.
Anyana wusste, dass es in Deutschland nicht klappen würde, wenn sie nicht schnell die fremde Sprache lernte. Mit dem Jugendamt habe sie nur gute Erfahrungen gemacht, erzählt die heute 36-Jährige. Dort habe sie Ziele für ihre Familie festgelegt, die sie dann mit Unterstützung der ambulanten Erzieherischen Hilfen anging: Einen Kindergartenplatz für Adrian* finden, eine eigene Wohnung und eine Arbeit für ihren Mann.

 

Vertrauen und die Bereitschaft Hilfe anzunehmen

»Wir bieten eine sehr flexible Hilfe und erarbeiten ganz individuelle Lösungen« betont Renate Daum, die Einrichtungsleiterin der Ambulanten Erzieherischen Hilfen, »Besonders wichtig ist uns die Wertschätzung der Familien«. Bei der zugeteilten Sozialpädagogin Judith Hachenberg haben sich Anyana und ihre Familie gut aufgehoben gefühlt. Die gemeinsame Arbeit habe schnell Früchte getragen: Schon zwei Monate nach ihrer Ankunft hatte der 46-jährige Familienvater seinen ersten Job bei einem Paketdienst, heute arbeitet er als Produktionshelfer im Schichtdienst und sorgt allein für den Lebensunterhalt der Familie.

Sohn Adrian fiel es anfangs gar nicht leicht, im neuen Umfeld anzukommen: »Er hatte Anpassungsschwierigkeiten und Angst vor größeren Gruppen«, erinnert sich die Sozialpädagogin. »Heute geht er auf eine Regelschule, das ist eine echte Erfolgsgeschichte«. Nur weil die ganze Familie motiviert und bereit gewesen sei, Hilfe anzunehmen, habe auch Adrian Fuß fassen können. Vier Stunden pro Woche betreute Sozialpädagogin Judith Hachenberg die Familie über zwei Jahre lang, vermittelte bei Ämtern, in Schulen und beriet die Familie zuhause. »Zu unseren Aufgaben gehört es immer, die Erfolge der Eltern wertzuschätzen und durch viel Lob motivieren wir die Familien, an der Verfolgung ihrer Ziele dranzubleiben« betont die Sozialpädagogin.

 

Lernen, den Weg selber zu gehen

Als im Sommer 2016 das zweite Kind zur Welt kam, gab es neue Schwierigkeiten. Adrian fiel mit aggressivem Verhalten in der Schule auf. »Es war schwer für ihn, die Aufmerksamkeit der Eltern teilen zu müssen«, erklärt die Sozialpädagogin. Die Eltern reagierten prompt und bemühten sich erneut um Unterstützung der Ambulanten Erzieherischen Hilfen. Mutter Anyana: »Ich wusste, dass die Betreuerinnen nur Gutes wollten«. Die zweifache Mutter ist heute selbstsicherer und mutiger. Sie hat gelernt, klare Regeln und einen feste Rahmen zu schaffen, die ihren beiden Söhnen gut tun.  

 

20 Jahre Ambulante Erzieherische Hilfen

60 bis 70 Familien pro Jahr betreuen Daum und ihre 13 Mitarbeitenden, davon drei Männer. Ein/e Sozialarbeiter/in kümmert sich um etwa vier bis acht Familien. Die freiwillige sozialpädagogische Familienhilfe wird über Fachleistungsstunden des Jugendamtes und der Kommune finanziert, dazu kommt für die Ambulanten Erzieherischen Hilfen ein Spendenanteil der Stadtmission Nürnberg in Höhe von rund 8.000 – 10.000 Euro. Immer mehr Alleinerziehende, viele Menschen mit Migrationshintergrund und Suchtkranke werden betreut. Auch psychische Erkrankungen nehmen zu. In besonders heftigen Fällen, zum Beispiel wenn das Wohl des Kindes nicht mehr gewährleistet werden kann, veranlassen die ambulanten Betreuer/innen, dass die  zuständige Fachkraft beim Jugendamt ein Erziehungsgutachten in Auftrag gibt oder gar das Familiengericht miteinbezieht.

 

Sprachbarrieren und Integrationsarbeit

»Schwierig ist es, wenn Sprachbarrieren die Kommunikation erschweren«, so Einrichtungsleiterin Renate Daum. Das sei seit der Flüchtlingswelle zunehmend zu beobachten und herausfordernd für die Mitarbeitenden. Hachenberg erklärt: »Wenn wir mit Dolmetschern arbeiten, ist da eine weitere Person, der sich unsere Klienten öffnen müssen, das kann eine große Hürde darstellen«. Und wenn man auf eine Zweitsprache wie Englisch ausweiche, fehle die »Feinarbeit«. Gerade diese sei aber besonders wichtig bei sensiblen Themen wie traumatischen Fluchterfahrungen. »Neben der klassischen Erziehungsarbeit leisten wir immer mehr Integrationsarbeit für zugewanderte Familien, die häufig von unserer Bürokratie überfordert sind«, so Daum.

 

*Namen geändert

Hilfe im Leben – Stadtmission Nürnberg